Erben ist nicht nur mit Rechten, sondern auch mit Pflichten verbunden: Oft sind Erbende mit einer Reihe von Nachlassverbindlichkeiten konfrontiert, die ganz oder teilweise vom geerbten Vermögen abgezogen werden können.
Wird nach dem Tod eines Menschen dessen Vermögen weitervererbt, so entstehen mit dem Erbantritt verschiedene Kosten für die Erben. Einige davon sind die sogenannten Nachlassverbindlichkeiten, die vom Erbe abgezogen werden. Sie schmälern also das zu verteilende Erbe. Worum es sich dabei handelt und wie die Nachlassverbindlichkeiten berechnet werden, erfahren Sie hier.
Die Nachlassverbindlichkeiten sind im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hauptsächlich in den §§ 1967 bis 1969 geregelt.
Auch im Testament festgeschriebene Vermächtnisse (§1939 BGB) sind zunächst als Nachlassverbindlichkeiten einzustufen. Was viele nicht wissen: Auch der Pflichtteil, sofern er geltend gemacht wurde, ist als Nachlassverbindlichkeit anzusehen, denn er reduziert den durch den Erben zu versteuernden Erbanteil. Ob der gesamte Pflichtteil abgezogen werden kann, hängt jedoch davon ab, wie sich das Erbe zusammensetzt. Enthält das Erbe steuerbefreite Anteile wie etwa ein steuerfreies Familienheim, so wird zunächst das übrige Erbe ohne das Familienheim bewertet. Der sich dann ergebende Pflichtteilsanspruch ist abziehbar. Hier kann man schnell etwas durcheinanderbringen, denn es handelt sich nicht um eine Verringerung des gesamten Pflichtteilsanspruches, sondern nur um die Ermittlung des abziehbaren Pflichtteils zur Berechnung der Erbschaftssteuer (wieder mal ein schönes Beispiel für die Kreativität des Finanzamtes, wenn es darum geht, neue Steuerquellen zu erschließen).
Das Erbe besteht aus einem Geldvermögen auf einem Bankkonto in Höhe von 100.000 Euro. Die Erben sind zwei Kinder, die zu gleichen Teilen erben. Demgegenüber stehen
Die hier aufgeführten Kosten sind klassische Beispiele für Nachlassverbindlichkeiten.
Die Berechnung erfolgt nun so:
100.000 Euro Bankguthaben
− 15.000 Euro Verbindlichkeiten
− 10.000 Euro Steuerschulden
− 5.000 Euro Beerdigungskosten
= 70.000 Euro Erbschaft
Da das Erbe an zwei Kinder geht, erbt jedes Kind 35.000 Euro.
Die Beantragung des Erbscheines, im Zusammenhang mit dem Erbantritt stehende Notarkosten, auch eventuell anfallende Grundbuchkosten sind abzugsfähig. Auch die Anwalts- und Gerichtskosten für eine eventuell anfallende Erbauseinandersetzung können das Erbe schmälern. Hier gilt, dass nur die Kosten abzugsfähig sind, die zum Antritt des Erbes oder zu dessen Verteilung aufgewendet werden. Zudem müssen sie in einem direkten inhaltlichen sowie einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erbe stehen. Gleiches gilt für Steuerberatungskosten. Die oben im Beispiel erwähnten Bestattungskosten sind übrigens etwas weiter gefasst: Sie umfassen auch Kosten für eine angemessene Trauerkleidung, für Traueranzeigen in der Presse sowie die Kosten für die Benachrichtigung von Angehörigen, Freunden und Kollegen. Ist eine Anreise notwendig, so können die anfallenden Kosten ebenfalls teilweise vom Erbe abgezogen werden. Doch nicht alles, was mit dem Erbantritt zu tun hat, ist abzugsfähig. Wer eine Immobilie geerbt hat und dort Reparaturen oder eine Sanierung durchführt, kann diese nicht vom zu versteuernden Erbe abziehen. Anders verhält es sich oft, wenn es sich um verkehrssichernde Maßnahmen handelt, die dazu dienen, Gefahren abzuwenden. Nicht absetzbar sind in der Regel Haushaltsauflösungen oder Entrümpelungen, da diese nicht zum Erbantritt selbst, sondern nach Meinung des Gesetzgebers zur Verwaltung eines bereits angetretenen Erbes gehören. Es gibt hier jedoch mehrere Urteile, die im Ergebnis voneinander abweichen.
Laut § 1939 BGB kann ein Erblasser testamentarisch festlegen, dass jemand „einen Vermögensvorteil“ erhält, ohne jedoch Erbe zu werden. So kann durch ein Vermächtnis beispielsweise ein Freund eine Briefmarkensammlung erhalten. Erbschaft und Vermächtnis unterscheiden sich darin, dass ein Erbe neben dem Vermögen auch die Verbindlichkeiten übernimmt, beim Vermächtnis erhält jemand lediglich einen Teil des Nachlasses ohne zusätzliche Verpflichtungen. Die Erben müssen dem Vermächtnisnehmer den ihm zugedachten Nachlass übergeben.
Wenn der Verstorbene noch Verbindlichkeiten hat, die seine Vermögenswerte weit übersteigen, ist es für die Erben sinnvoll, das Erbe ausschlagen. Zudem können Erben beim zuständigen Nachlassgericht das Nachlass-Insolvenzverfahren beantragen, wenn die Überschuldung des Nachlasses feststeht. Erben haften bei der Verfahrenseröffnung mit dem Nachlasswert. Häufig wird das Verfahren mangels Masse abgelehnt, als Erbe kann man dann eine sogenannte Dürftigkeitseinrede anstreben.
Jeder Erbe kann nach § 1942 Abs. 1 BGB jederzeit das Erbe ausschlagen, und das, ohne dafür Gründe angeben zu müssen. Die Erbausschlagung muss aber unbedingt fristgerecht (§ 1943 BGB) und in öffentlich beglaubigter Form beim Nachlassgericht oder beim Notar erfolgen. Dazu ist ein persönliches Erscheinen notwendig. Zudem ist dies nur möglich, wenn das Erbe nicht zuvor bereits angenommen wurde und wenn die Ausschlagung innerhalb einer Frist von 6 Wochen (§ 1944 BGB) erfolgt.
Zuerst die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten, das Erbe auch nach einer Annahme „zurückzugeben“, doch ist dies an sehr strenge gesetzliche Vorgaben geknüpft. Wer hier den kleinsten Fehler macht, bleibt auf den Schulden sitzen und haftet auch mit seinem Privatvermögen. Damit nicht der Eindruck entsteht, dass beispielsweise eine Nachlassinsolvenz oder ein anderes Verfahren in diesem Bereich eine Angelegenheit ist, die man ohne erfahrenen Anwalt wirtschaftlich überstehen kann, sehen wir an dieser Stelle von einer Anleitung ab und raten Ihnen dringend, in diesen Fällen unbedingt anwaltlichen Beistand zu suchen.
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