Erbengemeinschaft und Hausverkauf: nicht immer ein leichtes Unterfangen

Nach einem Erbfall findet man sich plötzlich in einer Erbengemeinschaft wieder – eine alltägliche Situation in Deutschland, die es ganz schön in sich haben kann.

Erbengemeinschaft und Hausverkauf: nicht immer ein leichtes Unterfangen

Solange das Erbe aus Geld oder anderen teilbaren Vermögenswerten besteht, ist die Verteilung des Nachlasses meist recht einfach. Doch sobald Immobilien zum Nachlass gehören und es mehrere Erben gibt, fangen die Probleme an: Nun muss gemeinsam entschieden werden, wie die Immobilien weiterhin genutzt oder ob sie verkauft werden sollen. Und an dieser Stelle wird es spannend.

Sobald mehrere Personen etwas erben, entsteht eine Erbengemeinschaft, die prinzipiell auf unbestimmte Zeit fortbestehen kann. Niemand ist gezwungen, diese Erbengemeinschaft aufzulösen, indem das Erbe auseinandergesetzt, also den einzelnen Beteiligten zugeordnet wird – man spricht hier auch von Erbauseinandersetzung. Mit diesem etwas doppeldeutigen Begriff ist eigentlich kein Konflikt gemeint, aber es kann schnell zu Auseinandersetzungen kommen, wenn es um eine gerechte und sinnvolle Verteilung des Nachlasses geht.

Geschwister erben Immobilien: die klassische Erbengemeinschaft

Ein Beispiel hilft, die Problematik besser zu verstehen: Ich habe zusammen mit meinen zwei Geschwistern das Haus unserer Eltern geerbt und frage mich nun, was ich darf und was ich nicht darf. Zunächst einmal ist ein wesentliches Merkmal einer Erbengemeinschaft, dass das Vermögen nicht nur mir gehört, sondern auch meinen beiden Geschwistern. Ich allein kann daher über gar nichts verfügen, ohne das Einverständnis meiner Geschwister einzuholen. Ohne deren Zustimmung kann ich weder eigenständig vermieten, noch verkaufen oder selbst in der Immobilie wohnen. Gleichzeitig habe ich gewisse Pflichten, denn jedes Mitglied einer Erbengemeinschaft haftet für die Erledigung von Steuerangelegenheiten, die Bezahlung von Schulden oder ähnlichen Belastungen in Vertretung für alle anderen mit. Im Innenverhältnis kann ich später diese Angelegenheiten ausgleichen, doch ich kann nicht beiseitetreten und sagen, dass ich nicht zuständig bin, wenn beispielsweise das Finanzamt Informationen verlangt. Wenn ich diesen Stress nicht haben und meinen Anteil alleine verkaufen will, so ist wiederum die Zustimmung aller anderen erforderlich. Als letztes Mittel bliebe nur noch die Teilungsversteigerung, um den eigenen Anteil loszuwerden, wenn die anderen Miterben nicht zustimmen, doch das ist erst nach einer ganzen Reihe von Voraussetzungen möglich.

Erbengemeinschaft und Hausverkauf – Pro und Contra

Die im vorangegangenen Absatz erläuterten praktischen Probleme führen oftmals zu der Erkenntnis, dass ein Haus- bzw. Wohnungsverkauf doch die bessere Alternative ist, vor allem dann, wenn dieser Verkauf geordnet und nicht unter Zeitdruck erfolgt. Zeitdruck entsteht allerdings regelmäßig von Seiten des Finanzamtes, das die Begleichung der Erbschaftssteuern fordert. Was viele nicht wissen: Erbschaftssteuern werden nicht erst nach dem Hausverkauf durch die Erbengemeinschaft fällig. Findige Erben könnten auf die Idee kommen, den Verkauf hinauszuzögern, um die Zahlungsfrist für die Erbschaftssteuer nach hinten zu verschieben. Das Finanzamt kennt diesen Trick allerdings auch und verlangt, sollte der Verkauf aus seiner Sicht zu lange dauern, die Entrichtung einer vorläufigen Erbschaftssteuer. Doch was ist „zu lange“? Zu dieser Zeitspanne schweigt sich das Gesetz leider aus.

Erbengemeinschaften müssen sich über vieles einig werden

Wurde einstimmig festgelegt, dass verkauft werden soll, so steht eine Vielzahl weiterer Entscheidungen an: Alle Miteigentümer müssen festlegen, wie und wo verkauft wird, ob mit oder ohne Makler und auch, zu welchem Preis sowie an wen verkauft oder auch nicht verkauft wird. Der Abstimmungs- und Einigungsbedarf ist entsprechend hoch. Allein über die letztgenannten Punkte hat es in Erbengemeinschaften bereits endlose Streitigkeiten gegeben. Dass manche Erben prinzipiell ihre Zustimmung zu Details des Verkaufs verweigern und damit die Verteilung des Erbes blockieren, liegt nicht selten daran, dass sie an einem Verkauf gar nicht interessiert sind.

Wenn in einer Erbengemeinschaft einer nicht verkaufen will

Wenn nur ein Mitglied einer Erbengemeinschaft nicht verkaufen will, kann es den Verkauf zwar nicht auf Dauer verhindern, doch das Verfahren wird sich automatisch in die Länge ziehen, und es wird auch einen deutlich komplizierteren Verlauf nehmen: So muss nun ein Gericht eingeschaltet werden, das eine Teilungsversteigerung vornimmt. Zuvor wird das Gericht allerdings prüfen, ob die dafür vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind und ob der Versuch der Erben, sich auf den Verkauf oder auf eine Zuordnung der einzelnen Anteile zu einigen, tatsächlich gescheitert ist. Sobald das Versteigerungsverfahren beginnt, werden die Gebote von Bietern angenommen. Doch unabhängig von der Höhe der Gebote und des endgültigen Verkauferlöses, die Kosten für solche Gerichtsverfahren gehen sehr ins Geld und übersteigen die Kosten anderer Verfahren meist deutlich.

Ist der Verkauf abgeschlossen, kommt der Erlös aus dem Bieterverfahren in eine gemeinsame Kasse. Erst wenn Einigkeit über die Verteilung des Erlöses besteht, wird diese Summe freigegeben. Kurz gesagt: Solange sich die Mitglieder der Erbengemeinschaft nicht einigen, haben sie weder Geld noch Immobilie – Erben mit starken Nerven oder Erben, die anderen Miterben die Versteigerung übelnehmen, nutzen ihre Blockadehaltung in einem solchen Verteilungsverfahren häufig als Druckmittel, um eine bessere Auszahlungsquote zu erhalten.

Wem gehört was in der Erbengemeinschaft?

Wenn die Vererbenden keine besondere Zuweisung an einzelne Erben festgelegt haben, gehört allen alles, und zwar bis zum Zeitpunkt der Erbauseinandersetzung. Diese muss nicht immer gerichtlich oder im Streit erfolgen, sie kann auch ganz friedlich und mit Einsicht aller Beteiligten durchgeführt werden. Doch sobald einzelne Erben auch nur den Verdacht haben, bei der Verteilung zu kurz zu kommen, rückt eine erfolgreiche und konfliktarme Erbauseinandersetzung meist in weite Ferne. Unsere Empfehlung lautet daher: Planen Sie Ihre Nachlassverteilung so, dass es möglichst wenig Reibung unter den Erben gibt.

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