Schenkung mit Nießbrauch und 10-Jahresfrist: Ursprung, Gesetzeslage, Irrtümer

Schenkung mit Nießbrauch und 10-Jahresfrist: Ursprung, Gesetzeslage, Irrtümer

Wer nahe Angehörige enterben und deren Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil so weit wie möglich reduzieren möchte, sieht nicht selten eine Lösung in einer Schenkung mit Nießbrauch in Verbindung mit der 10-Jahresfrist. Aber ist das überhaupt möglich?

Schenkung mit Nießbrauch und 10-Jahresfrist als Instrument der Nachlassregelung

Eine Schenkung ist ein gängiges Mittel, nahen Angehörigen wie Kindern oder Enkelkindern schon zu Lebzeiten Wohneigentum und ähnliches zu übertragen. Zur eigenen Absicherung vereinbaren die Schenkenden dabei oft eine Nießbrauchregelung, um die Immobilie zunächst noch selbst nutzen zu können. Gleichzeitig damit reduziert sich durch den Nießbrauchvorbehalt die Schenkungssteuer. Manchmal soll die Schenkung der Immobilie an bestimmte Angehörige in Verbindung mit der 10-Jahresfrist aber auch dazu dienen, um andere Angehörige zu enterben. Wir erläutern hier das Prinzip dieser Idee sowie die gesetzlichen Grundlagen – damit Sie wissen, was möglich ist und was nicht.

Die Kombination der Schenkung mit Nießbrauch mit der 10-Jahresfrist

Für juristische Laien bedeutet der Begriff Enterbung meist, dass jemand wenig bis gar nichts vom Erbe erhält. „Du bist enterbt!“ soll heißen: Dir vererbe ich nichts. Juristen verstehen unter Enterbung allerdings lediglich, dass eine Person auf den Pflichtteil gesetzt wurde. Ein dem Gesetz nach enterbter Angehöriger wird zwar nicht am Erbe selbst beteiligt, bekommt jedoch stattdessen einen erheblichen Ersatzanspruch, der als Pflichtteil bezeichnet wird.

Mehr zum Pflichtteilsanspruch können Sie hier nachlesen.

Der Pflichtteilergänzungs-Anspruch: Ende nach der 10-Jahresfrist

Mit dem Pflichtteilsanspruch nicht zu verwechseln ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch: damit ist der Ausgleich gemeint, den pflichtteilsberechtigte Angehörige bei einer Schenkung beanspruchen können, die bereits längere Zeit zurückliegt. Bei einer Schenkung gilt laut § 2325 des BGB eine 10-Jahresfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch: Innerhalb von 10 Jahren vor dem Erbfall bestehen weiterhin Pflichtteilsergänzungsansprüche, allerdings sind die je nach Zeitpunkt unterschiedlich hoch: Je länger die Schenkung her ist, desto niedriger ist der Anspruch. Liegt sie – vom Tod des Schenkenden aus gerechnet – mehr als 10 Jahre zurück, erlischt der Anspruch komplett.

Lohnt es sich, auf Zeit zu spielen?

Wer einem Angehörigen nichts vererben möchte, könnte also im wahrsten Sinne des Wortes auf Zeit spielen, allerdings durch eine möglichst frühzeitige Schenkung. Gerade bei Immobilienschenkungen vereinbaren aber viele zur eigenen Absicherung einen Nießbrauch.

Nießbrauch der eigenen Immobilie - was ist das überhaupt?Nießbrauch der eigenen Immobilie - was ist das überhaupt?

Wer nun bei einer Schenkung mit Nießbrauch auf die 10-Jahresfrist setzt, um den Pflichtteil eines Angehörigen zu reduzieren, liegt mit dieser Methode völlig falsch - zumindest seit dem Jahr 1994. Warum das so ist, erfahren Sie hier.

BGH-Urteil: bei einer Schenkung mit Nießbrauch gilt die 10-Jahresfrist nicht

Der Bundesgerichtshof hat im Jahr 1994 entschieden, dass die 10-Jahresfrist bei einer Schenkung mit Nießbrauchrecht nicht gilt. Eine Schenkung ohne Nießbrauch ist als Absicherungsinstrument aber für viele auch nicht denkbar, da sie beispielsweise als Schenkende die Einnahmen benötigen. Wer also Angehörige absichern will, muss für den Vermögensübergang ein besser geeignetes Modell wählen.

Warum gilt die 10-Jahresfrist bei einer Schenkung mit Nießbrauch nicht?

Wenn eine Schenkung unter Nießbrauchvorbehalt erfolgt, dann geht der geschenkte Gegenstand nicht endgültig in das das Eigentum des oder der beschenkten Empfänger über. Und nur bei einem vollständigen Eigentumsübergang kann die 10-Jahresfrist zur Anwendung kommen.

Was passiert bei einer Schenkung mit Nießbrauch mit der 10-Jahresfrist, wenn der Nießbrauch gelöscht wird?

Wird der Nießbrauch gelöscht, dann gilt wieder die 10-Jahresfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Sie setzt von dem Moment an ein, in dem der Nießbrauch endet. Wie bereits beschrieben, sinkt die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs, je mehr Zeit zwischen dem Moment der Schenkung und dem Zeitpunkt des Erbfalls verstrichen ist. Nach mehr als 10 Jahren ist der Anspruch erloschen.

Welche Alternativen gibt es zur 10 Jahres-Frist bei Schenkung mit Nießbrauch?

Das moderne Erbrecht bietet einige Lösungsmöglichkeiten, doch gibt es kein allgemeingültiges Rezept für alle. Welche Lösung passt, hängt stark von der individuellen Familien- und Vermögenssituation ab. Hier empfiehlt es sich daher, Expertenrat einzuholen.

Wann wird die Schenkungssteuer fällig?

Egal, ob es sich um Geldbeträge, Immobilien oder anderes Vermögen handelt: Schenkungen müssen innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt gemeldet werden und unterliegen der Steuerpflicht, sobald bestimmte Freibeträge überschritten werden. Wenn die Schenkung bereits vom Notar oder vor Gericht dokumentiert wurde, ist keine gesonderte Meldung mehr beim Finanzamt erforderlich. Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag über Berechnung und Höhe der Schenkungssteuer.

Nießbrauch ist nicht alles

Wer sich mit der Frage des Nießbrauchs befasst, plant die Weitergabe der Immobilie zu Lebzeiten. Doch hierbei handelt es sich um einen komplexen Vorgang. Wer sich bei der Vererbung oder der Weitergabe von Immobilien zu Lebzeiten ausschließlich auf den Nießbrauch konzentriert und andere wichtige Bereiche außer Acht lässt, kann schnell große Fehler machen. Worauf Sie bei der Weitergabe von Immobilien zu Lebzeiten achten müssen, lesen Sie hier.

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