Ohne Anwalt den Pflichtteil einfordern

Pflichtteilsberechtigte sind oft gezwungen, ihren Pflichtteil gegen gewisse Widerstände einzufordern. Ob man dafür einen Anwalt hinzuziehen sollte oder dies im Alleingang tun kann, erfahren Sie hier.

Ohne Anwalt den Pflichtteil einfordern

Wenn Sie als nächster Angehöriger pflichtteilsberechtigt sind, können Sie nach einem Todesfall Ihren Anspruch auch ohne Anwalt geltend machen. Sie sind aber besser beraten, wenn Sie von Anfang an einen Anwalt zu Hilfe nehmen, da Gerichtsverfahren ab einer Streit- bzw. Forderungshöhe von 5000 Euro und darüber gerichtlich nur vor dem Landgericht geführt werden können, und für Verfahren vor dem Landgericht herrscht Anwaltszwang. Ob Sie auch bei geringeren Forderungen ohne Anwalt zu einem guten Ergebnis kommen, hängt von vielen Faktoren und nicht zuletzt von der Kooperationsbereitschaft der Erben ab, gegen die sich Ihr Pflichtteilsanspruch richtet. Bei diesem Anspruch geht es nicht um die Übergabe von Anteilen an Sachwerten, z. B. Immobilien, sondern um die Auszahlung eines Geldbetrags an Sie als Pflichtteilsberechtigten. Wir erklären Ihnen, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit Sie auch ohne Anwalt Ihren Anspruch richtig einfordern.

Sie wurden enterbt und wollen jetzt den Pflichtteil einklagen

Damit Sie den Klageweg nicht unnötig beschreiten, empfiehlt es sich, zunächst Rat bei einem Fachanwalt für Erbrecht einzuholen. Es gibt zwar Grundsituationen, die darauf schließen lassen, dass Ihnen ein Pflichtteil zusteht, doch sagt das noch nichts über den Erfolg einer Klage aus. Diese Grundsituationen sind folgende:

  • Sie wurden vom Verstorbenen enterbt
  • Sie haben laut Testament zwar ein Erbe erhalten, dieses liegt aber wertmäßig unter dem Pflichtteil: Sie möchten den Pflichtteil also trotz Testament einklagen

In beiden Fällen können Sie davon ausgehen, dass Ihnen der Pflichtteil zusteht. Um eine substantielle Klage vor Gericht erfolgreich zu führen, reicht die Kenntnis eines grundsätzlichen Anspruches jedoch nicht aus. Sie sollten auch dessen Höhe genau beziffern können und an dieser Stelle kommen Sie als juristischer Laie schnell an die Grenze des Realisierbaren. Wussten Sie, dass Sie neben einem Pflichtteil auch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch haben? Und dieser kann es in sich haben, denn zur Bezifferung des Anspruches erfolgt eine Tiefenprüfung nicht nur für die Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt des Todes vorhanden waren, sondern für einen Zeitraum von 10 Jahren vor dem Tod. Auf Vermögenswerte, die innerhalb dieses Zeitraumes vom Erblasser in andere Hände übergegangen sind, haben Sie einen Ausgleichsanspruch nach gesetzlich genau vorgeschriebenen Regeln. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Rechte von Pflichtteilsberechtigten vom Gesetzgeber umfangreich ausgestattet worden sind. Doch für die Geltendmachung muss man diese Rechte kennen; eine für Privatpersonen unmögliche Aufgabe. Und hier wiederholen wir uns: Sie können Ihr Recht auch ohne Anwalt durchsetzen, werden aber nie erfahren, um wieviel besser das Ergebnis unter Hinzuziehung eines Anwalts wäre, der Sie auch auf Chancen und auf mögliche Risiken hinweist, genau weiß, was wo und wie zu holen ist und der verhindert, dass Sie sich blindlings in ein gerichtliches Verfahren stürzen.

Voraussetzungen für den Pflichtteil

Damit Sie Ihren Pflichtteil auch ohne Anwalt einfordern können, müssen verschiedene Faktoren gegeben sein:

  • Sie müssen als nächster Angehöriger (Ehepartner oder Kind) grundsätzlich pflichtteilsberechtigt sein.
  • Sie wurden entweder enterbt oder haben einen zu geringen Erbteil bekommen.
  • Was viele nicht wissen: Ist ein Pflichtteilsberechtigter verstorben, so rücken seine bzw. ihre Kinder an die Stelle und übernehmen dessen Anspruch.
  • Sie können den Pflichtteil nur bei den Erben einfordern, das Nachlassgericht ist dafür nicht zuständig.
  • Der Anspruch darf noch nicht verjährt sein: Fristbeginn ist der Tod des Erblassers, das Fristende liegt 3 Jahre nach dem Todesjahr.

In der Regel ist der erste Schritt, ohne eine genaue Bezifferung der Höhe des Anspruchs beispielsweise per Musterbrief den Pflichtteil einzufordern. Viele scheuen vor diesem Schritt zurück, immerhin gehen Sie mit Ihren Forderungen gegen Ihre nächsten Verwandten vor. Doch das sollte Ihnen keine Sorgen machen. Erst durch die mangelnde Bereitschaft der Verwandten, Ihnen den korrekten Anteil mitzuteilen und auszuzahlen, sind Sie überhaupt erst gezwungen, diesen einzuklagen. Die Schuld liegt also nicht bei Ihnen. Auch ist zu beachten, dass das Verfahren Geld kosten wird, Geld, das der Verursacher, also derjenige, der Ihnen Ihren Anteil vorenthält, Ihnen erstatten muss.

Den Pflichtteil ohne Anwalt einfordern ist möglich, aber mit Anwalt sind Sie auf der sicheren Seite

Wer ohne Anwalt den Pflichtteil einfordern will, geht das Risiko ein, von der Gegenseite nicht ernst genommen zu werden. Die Folge: unvollständige Unterlagen, mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit und ein deutlich schlechteres Ergebnis. Wer hingegen frühzeitig einen Anwalt einschaltet, zeigt damit, dass der Pflichtteilsberechtigte es mit der Forderung ernst meint und notfalls auch den Gerichtsweg beschreitet, wenn die Gegenseite versucht, irgendwelche juristischen Spielchen zu spielen.

Die Partneranwälte von Testament-und-Erbe.de, Fachanwälte für Erbrecht sowie spezialisierte Rechtsanwälte, verfügen über eine langjährige Erfahrung und können Ihnen kompetent, seriös und schnell dabei behilflich sein, Ihre Ansprüche durchzusetzen. Sie können die Voraussetzungen prüfen, Ihren Anspruch korrekt berechnen und Ihnen außerdem bei Sonderfällen in der Familienkonstellation behilflich sein, beispielsweise wenn uneheliche oder minderjährige Kinder ihren Anteil einfordern möchten.

Welche Verwandten können den Pflichtteil einfordern?

Der Pflichtteilsanspruch besteht nur bei den nächsten Verwandten und nur dann, wenn sie enterbt wurden oder einen zu geringen Erbanteil erhalten haben. Einfordern können diesen Pflichtteil die Kinder, Ehegatten und eingetragene Lebenspartner. Auch uneheliche Kinder haben einen Anspruch. Falls der Verstorbene kinderlos war, können auch dessen Eltern einen Pflichtteil beanspruchen.

Warum kann es schwierig sein, den Pflichtteil einzufordern?

Es ist rechtlich möglich, die außergerichtliche Forderung alleine durchzuführen, doch fehlt es Laien häufig an der detaillierten Sachkenntnis bei der Prüfung der Pflichtteilsberechtigung oder des Nachlassverzeichnisses sowie der Berechnung der Pflichtteilshöhe. Außerdem kann es schnell zu Formfehlern bei der Pflichtteileinforderung kommen. Meist haben auch die Richter kein Verständnis dafür, dass sich Klagende in eine derart schlechte Rechtsposition begeben und drängen während der gerichtlichen Verhandlung auf eine anwaltliche Vertretung, um weiteren Schaden für die Klagenden zu verhindern.

Pflichtteil einklagen: welche Kosten sind damit verbunden?

Zu den Kosten für einen Pflichtteilsstreit zählen wir nicht nur die Anwalts- und Gerichtskosten, sondern auch ein schlechteres Ergebnis eines Rechtsstreits, denn auf dem schlechten Ergebnis bleibt immer der Klagende sitzen, auch wenn die Kosten für den Anwalt und das Gericht am Ende vom Verlierer des Rechtsstreits zu bezahlen sind. Wenn Sie ohne Anwalt in das gerichtliche Verfahren gehen, haben Sie mit der entsprechenden Zeit und dem Aufwand zu rechnen, sich die Hintergründe des Falles anzueignen (ein für juristische Laien nahezu unmögliches Unterfangen) und eventuell ein notarielles Nachlassverzeichnis anzufordern oder einen Sachverständigen zu bezahlen.

Es muss jedoch nicht immer ein Gerichtsprozess sein, auch außergerichtlich können Sie von der anwaltlichen Erfahrung profitieren. Die anwaltlichen Kosten für außergerichtliche Verfahren liegen niedriger als die gerichtlichen. Wer die Lösung außergerichtlich erreicht, hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten von der Verliererseite und muss diese selbst tragen. Dafür sind außergerichtliche Verfahren meist kürzer.

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